Es ist zehn Uhr abends. Ich bin müde, meine Oberschenkel sind angestrengt von Kamelritt durch die Wüste. Die Hitze des Tages hat ihre Spuren in meinem Körper hinterlassen. Und eigentlich möchte ich nur in meine kleine Hütte am Rande der Wüste zurückziehen, um mich auszuruhen.
Stattdessen tanze ich mit einem Stock in der Hand um das von den Beduinen entfachte Lagerfeuer irgendwie so etwas wie einen Wüstenbewohnertanz. Angefeuert werde ich von der Musik der Männer am Zeltrand und den begeisterten Zurufen der Beduinen. Die anderen anwesenden Europäer beobachten mich und die drei weiteren hüpfenden Tänzer staunend. Schließlich fließt im Oman zu Gelegenheiten wie diesen kein Tropfen Alkohol. Getanzt wird auf der Basis von Tee. Starkem Tee, zugegeben. Dem in der Regel auch schon mehrere Tagesdosen Omani Coffee vorausgegangen sind.
Ob der Oman als Wüstenstaat landschaftlich nicht vollkommen eintönig sei. Und ob es da nicht sehr gefährlich ist. Wurden wir vor unserer Abreise gefragt. Und ich muss zugeben - ich war selbst nicht ganz frei von Bedenken. Als Frau auf einem Roadtrip fast drei Wochen in einem arabischen Land: immer hinten anstehen, nicht mit reinkönnen, Haare verhüllen - ich hatte reichlich Vorstellungen davon, wie das (Reise-)Leben für eine Frau im Oman sein würde.
Landschaft und Menschen
Beginnen wir mit der Frage der Eintönigkeit. Sicher ist der Oman kein Ausschnitt aus dem Dschungelbuch. Und während wir mit dem Jeep auf breiten Straßen durch wüstenähnliche Weiten fuhren, habe ich mich auch dann und wann aus Gründen der optischen Unterforderung beim Kamelezählen erwischt. Kamele laufen am Straßenrand herum, um zu "grasen".
Aber jetzt kommt das Aber: Dank eines sehr ausgeklügelten und jahrhundertealten Wassersystems (Falaj oder Faladsch) finden sich im ganzen Land Oasen, Dattelplamenhaine und andere Grünzonen. Lange Küstenstreifen, breite, einsame Sandstrände, riesige Wasserschildkröten, Wüste, beeindruckende Gebirgsketten, Bergdörfer, Canyons und der Kontrast zwischen Stadt und Land wechseln sich auf vergleichweise kleinem Raum ab. Langweilig wird es nie. Wer seine Ziele geschickt auswählt, kann so einiges erleben. Und dann sind da ja auch noch die Wadis - ausgetrocknete Flußläufe, die zwar nach starkem Regen sintflutartige Wassermassen tragen können, in der Regel aber befahr- oder begehbar sind. Dort finden sich tolle Wanderstrecken, kleine Seen, und unterirdische Höhlen mit Wasserfällen, in denen es sich wunderbar planschen lässt.
Die Weite des Omans wirkt beruhigend auf den Kopf. Und das, was die Landschaft zuweilen an Lücken zurücklässt, füllen die Omanis mit viel Gastfreundschaft und Herzlichkeit auf. Womit wir bei Frage zwei und drei wären: Sicherheit und das Reisen als Frau.
Sicherheit im Oman
Mein Mann und ich haben den Oman als sehr sicheres Reiseland erlebt. Das gilt für Diebstähle, Angriffe und Hygiene. Beschützt und gut aufgehoben fühlt man sich zwischen den hilfsbereiten Menschen im Land. Wer um Hilfe bittet, bekommt sie garantiert - weit über das in Deutschland übliche Maß hinaus. Die Omanis leben ein tolerantes, friedliches und religiöses Leben. Der Alltag spannt sich zwischen Moderne (breite Straßen, große Jeeps, neue Handys) und Tradition (öffentliche Zurückhaltung, religiöser Rhythmus, traditionelle Kleidung). Die Menschen sind freundlich, haben selten Eile und Alkohol gibt es nur für Nicht-Muslime an wenigen ausgesuchten Orten im Land. Eine ganze Kultur ohne Alkohol ist zugegebenermaßen etwas ungewohnt und gleichzeitig angenehm entspannend.
Die Vorstellung, dass wir bestohlen oder angegriffen werden könnten, erschien uns jedenfalls während unseres 19-tägigien Roadtrips durch das Sultanat nahezu absurd.
Der Oman gilt als fast komplett malariafrei (nur auf der Halbinsel Musandam besteht ein geringes Risiko, nähere Informationen bieten die aktuellen Hinweise des Auswärtigen Amts). Die medizinische Versorgung ist gut, die Wahrscheinlichkeit, sich mit einer Infektionskrankheit anzustecken sehr gering. Überall dort, wo Essen verkauft wird, riecht es ein bisschen nach Chlor. Die Omanis stehen auf Desinfektionsmittel, das in Supermärkten in großen Flaschen verkauft wird. Die Wahrscheinlichkeit, sich mit schlechtem Essen den Magen zu verderben, scheint trotz warmer Temperaturen deutlich geringer, als die Chance einen putzchemischen Schaden zu nehmen. Sagt eine Frau, die Desinfektionsmittel auf Reisen sonst eine prima Sache findet.
Reisen als Frau
Das Sultanat ist ein arabisches Land zwischen Zukunft und Geschichte. Fast alle Einheimischen, also Frauen und Männer, tragen traditionelle omanische Kleidung (lange, weiße Gewänder und bunte Kappen für die Männer, dunkle lange Gewänder und Kopftücher für die Frauen). Der Sultan ist als sanfter Modernisierer und überzeugter Frauenförderer bekannt. Dementsprechend hat die Stellung der omanischen Frau - zumindest in urbanen Gebieten - nur wenig mit dem Bild zu tun, das sich Europäer von einem arabischen Land so machen. Sie bewegen sich selbstbewusst, modisch-elegant, genießen Bildung und verdienen genau so gut wie ihre männlichen Kollegen. In ländlicheren Regionen herrscht eine traditionellere Rollenverteilung (so wie in den meisten anderen Ländern dieser Welt auch). In Sur war ich für etwa eine viertel Stunde die einzige Frau auf der Straße. Mein langer Rock gab bei jedem Windstoß ein Stückchen Bein frei. Ich fühlte mich unlogisch, wie ein nicht-vorgesehener Teil der Gleichung. Das gesagt: Die Omanis sind westliche Frauen gewöhnt. Und auch die Millionen von Einwanderern aus Bangladesh, Indien und den Philippinen im Land bewegen sich unverschleiert bzw. gemäß den Kleidungstraditionen ihres Heimatlandes. Ich habe mich zu keinem Zeitpunkt kommentiert oder unangenehm beobachtet gefühlt. Manchmal ein bisschen ignoriert vielleicht. Aber das auch selten.
Westliche Besucher sollten Knie und Schultern bedeckt halten. Das gilt für Männer und Frauen. Bauchfrei und in Hotpants sollte nur auf die Straße gehen, wer beabsichtigt, die gesamte angespannte Aufmerksamkeit der Umgebung auf sich zu ziehen. Aber auch in genau einem solchen Outfit haben wir immer wieder Touristinnen das Kreuzfahrtschiff für den Tagesausflug verlassen sehen. Die Haare bedecken muss als Frau nur, wer eine Moschee besichtigen möchte. Da die Möglichkeiten als Nicht-Muslim religiöse Stätten zu betreten im ganzen Land eingeschränkt sind, kann ich die Gelegenheiten, zu denen ich ein Kopftuch getragen habe, an zwei Fingern abzählen.
Beim Baden an einem öffentlichen Strandabschnitt (und davon gibt es viele schöne), sind männliche Touristen im Vorteil. Im T-Shirt (!) und Badebermudas können sie das Strandleben eher wahrnehmen als die weibliche Begleiterin. Das heißt aber nicht, dass Baden im Oman für Frauen nicht möglich ist. Die einfachste Lösung (und ein wichtiger Tipp für alle, denen Strandleben und Wasserkontakt sehr wichtig ist), ist es, sich für einige Tage in ein gehobeneres Hotel mit eigenem Strandabschnitt einzumieten (s. Tipps unten). Dort kann frau alles tragen und tun wie zuhause auch.
Ich fand es recht angenehm, den etwas formlosen, blassen Winterkörper nicht zwangsläufig präsentieren zu müssen. Was nicht heißen soll, dass ich mich nicht dann und wann auch in die nassen Fluten gestürzt habe. Bekleidet mit einem Badeanzug und einer Badeshort habe ich einsame Strände und die Pools in den Wadis genossen. Begleitet von omanischen Führern und ohne jedes Problem.
11 Dinge, die man im Oman getan haben sollte
- Die Wüste besuchen, am besten mit dem eigenen Auto
- Einen Jeep mieten und ins Gebirge fahren. Unser Highlight: der Jebel Shams
- Den Balcony-Walk wandern (nicht geeignet für Menschen mit Höhenangst und kleine Kinder)
- Durch ein Wadi wandern. Unser Highlight: Wadi Shab
- Meeresschildkröten beobachten
- In Muskat die Sultan Qaboos Moschee besichtigen
- Omani Tea zum Frühstück trinken
- Sich Zeit lassen
- Den Viehmarkt in Nizwa besuchen
- Im Misfah Old House übernachten (s. unten)
- In einem Souq (Markt) mit einem Verkäufer um den Preis feilschen
Tipps für Accomodation, Food und Guides
Guides
Peter Franzisky von Bedu Expeditionen ist Omankenner, Reiseführerautor und organisiert von Deutschland aus gesamte Reisepakete oder - wie in unserem Fall - nur einzelne Komponenten. Er kennt Land und Leute, macht Reservierungen möglich, wenn das Internet nur noch "ausgebucht" anzeigt und führt selbst Gruppen durchs Land. Mit unserem Auto (rechts im Bild), das wir nebst zwei Übernachtungen über ihn gebucht hatten, waren wir rundum zufrieden. Dazu kam eine sehr nette Beratung und viel Information.
Die Jungs von Wadi Adventures sind sympathisch, zugewandt und nett, sie kennen ihre Ziele wie ihre Westentasche. Wir waren mit Sami im Wadi Shab unterwegs, viel schöner kann ein Tagesausflug kaum werden. Er endete im Gästeraum von Samis Familienhaus am Eingang des Wadi Shab. Die Kommunikation im Vorfeld war prompt und verbindlich.
Hotels
Allgemein gilt: Mit dem nötigen Kleingeld kann man im Oman in wirklich spektakuläre Unterkünfte einchecken. Infinity-Pools mit Bergblick (z. B. im Alila), designgekrönte Lobbies (z. B. im Chedi), Sterneküche, persönliche Gästebetreuung, Yoga im Panoramaraum - all das gibt es an den unwahrscheinlichsten Orten. Besonders in den Bergregionen und in der Hauptstadt Muskat kommen Liebhaber ausgefallener Hotelarchitektur und gehobener Dienstleistungen voll auf ihre Kosten. Die folgenden Tipps orientieren sich eher am mittelpreisigen Budget. Keine Designlobby, aber guter bis sehr guter Standard und / oder besonderer Flair.
Kleines Traditionshaus aus Lehm mit einfacher Ausstattung inmitten eines historischen Bergdorfes, umgeben von Dattelplantagen. Die Aussicht ist toll, das Essen gut, einige Zimmer teilen sich ein gemeinsames Bad. Lange im Voraus reservieren, da fast immer ausgebucht. Empfehlung: zwei Nächte bleiben. Wer mag, kann tagsüber eine geführte Tour durch den Ort machen und mehr über das Bewässerungssystem erfahren. Eine eigenständige Wanderung oder ein Spaziergang auf den angrenzenden Wanderwegen sind ebenso gut möglich.
Das Günstige unter den Teuren in der Hauptstadt. Schöne Lobby, hervorragendes Essen, ausgezeichneter Zimmerservice. Die Zimmer selbst haben mich in puncto Design, Ruhe und Aussicht nicht vom Hocker gehauen. Aber ein großes, weiches Bett, frisches Obst und ein luxuriöses Badezimmer waren am Ende der Reise vollkommen genug, um mich vor dem Abflug nochmal zu erholen. Der bemerkenswerte Zimmerservice dazu und das Leben im Paradies ist mit kleinen Abstrichen perfekt. Das Grand Hyatt verfügt über einen großen Pool und eine Strandarea, in der westlichen Badegepflogenheiten nachgegangen werden kann.
Gutes, solides, italienisch geführtes B&B in Muskat. Ideal zum Ankommen, da in der Nähe des Flughafens und in der Nähe des Sultan Qaboos Moschee gelegen. Die Zimmer der Villa sind sehr sauber, verfügen z. T. über eine eigene Terrasse. Es ist ruhig, eigentlich kaum als Hotel zu erkennen, da mitten in einem Wohnviertel gelegen. Preis-Leistung stimmt.
Familiär geführtes, sehr nettes Wüstencamp ohne großen Komfort. Übernachtet wird in einfachen Hütten ohne Strom und Wasser, Sanitäranlagen (Plumpsklo, Gemeinschaftswaschbecken und Duschen) befinden sich auf der Rückseite des Camps. Die Gastgeber sind herzlich, sehr um das Wohl der Gäste bemüht und gleichzeitig ist es ein Anliegen trotz des Hotelcharakters echtes Beduinenfeeling aufkommen zu lassen und das Leben der Wüstenbewohner sichtbar zu machen. Ich empfehle zwei Nächte Mindestaufenthalt.
Restaurants
Allgemein gilt: Das Essen im Oman ist indisch. Oder zumindest stark indisch geprägt. Restaurants, Takeaways, Frühstücksbuden, Grills - sie alle werden von Immigranten betrieben, die nach unserem Verständnis indisches Essen servieren. Ich weiß, ehrlich gesagt, gar nicht genau, was die omanische Küche (also die, die zuhause gekocht wird) ausmacht und ob sie sich von der Küche unterscheidet, die wir kennengelernt haben. Da wir nach drei Wochen genug von Reis mit Curry in allen Farben und Variationen hatten, hier zwei Restauranttipps, die entweder kein Curry oder außergewöhnlich gutes Curry servieren.
Turkish House, Muskat
Obwohl dieses Restaurant in der zweiten Reihe versteckt liegt, ist es fast immer voll. Zurecht. Leckere Grillspezialitäten (vor allen Dingen Fisch), gute Mezze, freundlicher Service. Unbedingt die gegrillten Garnelen probieren.
Bin Ateeq, Nizwa
In Nizwa in der Nähe des Souq gelegen. Gegessen wird auf dem Boden, auf Teppichen und Kissen in Einzelkabinen (nicht vergessen, die Schuhe auszuziehen). Das Essen ist traditionell und gut, der Service aufmerksam. Das Tintenfischcurry war zart und geschmackvoll.
Lektüretipps & Apps
Franzisky, Peter & Kabasci, Kirstin. Oman. Handbuch für individuelles Entdecken. Reise Know-How. Umfassender Führer mit allen wichtigen Informationen zu Land und Leuten. Treuer und zuverlässiger Reisebegleiter.
Heck, Gerhard. Oman. Dumont Reisehandbuch. Moderner Reiseführer mit attraktiven Bildern und allen wichtigen Informationen. Kompakt und gut.
Nowell, Simone. Oman - the essential guide to customs and culture. Kuperard. Kleines, handliches Buch, das leicht verständlich in die wichtigsten Aspekte omanischer Kultur einführt (Beispiele: Land and People, Values and Attitudes, Private and Family Life).
Oman Offroad. Explorer. Must-Have für alle, die den Oman jenseits der befestigten Straßen erkunden wollen. In Deutschland nicht ganz einfach zu bekommen, aber unbedingt die Recherche wert.
Oman trekking routes and maps. Explorer. Ebenfalls schwierig zu bekommen. Dieser Führer bietet Naturfreunden und Wanderern zuverläsiges Kartenmaterial und schöne Ideen. Wer die Möglichkeit hat diesen Wanderführer zu kaufen, sollte zuschlagen.
Thesiger, Wilfred. Brunnen der Wüste. National Geographic Taschenbuch. Von meinem Mann verschlungen. Idealer Reisebegleiter. Bericht eines der ersten Europäer, der die Wüste Rub al-Kahli gemeinsam mit den Beduinen durchquert.
MapsMe. Offline-Karten für das Handy. Wir wissen bis heute nicht warum, aber GoogleMaps bietet kein bzw. kaum Kartenmaterial für den Oman. Die Offline-Karte von Maps-Me hat uns dafür sehr zuverlässige Dienste geleistet und uns stets sicher ans Ziel gebracht. Wer vor der Abreise die Oman-Karte aufs Handy lädt, kann sich das teure Navi vom Autovermieter sparen.